Freilernen

Freies Lernen, Freilernen oder Unschooling (im amerikanischen Raum) beschreibt die Aneignung von Sachverhalten, ohne äußere Gewalteinwirkung, Zwang, Druck oder sonstigen Vorgaben. 

Freilerner gehen davon aus, dass der Mensch sich von Natur aus weiterentwickeln MÖCHTE. Sie sind der Auffassung, dass Kindern eine natürliche Neugierde innewohnt. Als Mutter von drei Kindern, kann ich nicht anders, als diese Ansichten zu bestätigen. Es ist wahr: Kinder werden als Genies geboren. Sie lernen jeden Tag und zeigen großes Interesse an so ziemlich allem, was ihnen in den Weg kommt.

Sie sind sehr motiviert, finden ständig neue Aufgaben und sind rund um die Uhr beschäftigt. Von sich aus.

Lernorte

Die Küche, das Bad, der Garten, die Bäckerei, der Supermarkt - jede Location ist für Freilerner ein Ort, der Rätsel, Sachverhalte und Erkenntnis in sich trägt. Jeder Freilerner macht es vermutlich etwas anders, aber ich erkläre meinen Kindern auch mal ungefragt etwas. Oder mache sie auf etwas aufmerksam. Das wird nie ausschweifend. Ich habe sie immer im Blick und versuche Signale zu deuten, die mir zu erkennen geben, ob sie interessiert sind oder nicht. Sie dürfen Dinge in den Einkaufswagen legen, die Haustür auf- und zuschließen, beim Bäcker ihre Brezeln bestellen. Wenn sie bezahlen möchten, dürfen sie bezahlen. Auch wenn hinter uns jemand schnauft. 

Die Schwierigkeiten

Am Anfang kann das Freilernen sehr herausfordernd sein. Man trägt die volle Verantwortung, muss gebildet sein und sein eigenes Wissen ständig erweitern. Man hat Angst, dass man eine wichtige Phase verpasst, ein Interesse übersieht oder die falschen oder zu wenig Materialien zur Verfügung hat. Es kann auch anstrengend sein, ständig das Gefühl zu haben, neue Angebote machen zu müssen. Dazu kommt unsere Fehlprägung, die nun mal Leistung, Abschlüssen und Zeugnissen einen unfassbar hohen Stellenwert zuschreibt.

Und dann sind da noch die sozialen Kontakte...beziehungsweise das Nichtvorhandensein dieser. Kein Kindergarten, keine Schule, keine Freunde? Es ist tatsächlich nicht einfach freie Kinder in Kontakt mit anderen Kindern zu bringen. Mal wieder müssen die Eltern sich bemühen Treffen zu organisieren oder ein Umfeld finden, in dem es andere Freilerner gibt. Denn Freilerner kommen nicht automatisch stundenlang mit anderen Kindern zusammen. 


Freilernen erfordert Mut. Man muss sich trauen, es vollkommen anders zu machen
 Denn in unserer Gesellschaft ist nichts vergleichbar mit dieser Bildungsform. Eltern müssen bereit sein, die volle Verantwortung für ihre Kinder zu übernehmen. Man muss auf Zack sein und ein starkes Selbstbewusstsein haben.

Die Antwort auf die Schwierigkeiten


 Wenn man sich klar macht, dass man selbst in ein Modell hineingewachsen ist, dass von Menschen geschaffen wurde, die es ihrerseits für richtig hielten, kann man anfangen, sich die Frage zu stellen, ob man dieses Modell selbst auch für richtig hält. 

Man kann damit beginnen, ein eigenes Modell zu entwerfen. Bestenfalls mit den Erkenntnissen der heutigen Zeit. Das macht Sinn, denn bereits eine einzige Generation weist schon viele gravierende Unterschiede in puncto Menschenbild, Erziehung, Bildung usw. auf. Mit einer ordentlichen Portion Bauchgefühl wird das neue Modell dann Wegweiser für den eigenen Erziehungsstil. 

Wir haben die Macht unseren Kindern ein Umfeld zu bieten, von dem wir glauben, dass es das richtige für sie ist. Außer die Anforderungen von außen – was zugegebenermaßen sehr viel sein kann – steht uns nichts im Weg. 

Es ist wichtig, dass wir uns fragen: Möchte ich das wirklich? Ist das wirklich das Beste für mein Kind? 

Bei mir war es so, dass ich mit dem Vertrauen gelassener wurde. Ich merkte schnell, dass Kinder 24/7 am Lernen sind. Auch ohne ausgefallene Angebote. Ich merkte, dass weniger mehr ist und wenig Spielzeug zu intensiver Auseinandersetzung mit einem einzelnen Gegenstand führte. Ich stellte fest, dass ein großes Sortiment an Dingen einfach zu viel war und nichts davon wirklich lange die Aufmerksamkeit erregte. Ich lernte, dass Schüsseln, Kartons, Stöckchen und Sand sehr viel unterhaltsamer waren, als teure Materialien. Darüber hinaus lernen Kinder anhand dieser echten Dinge auch mehr. Dinge aus Plastik sind oft leichter, haben eine andere Oberfläche und verhalten sich anders (schwimmen z.B., statt unterzugehen usw.) Sie scheinen das intuitiv zu wissen. Lustig, oder? 


Außerdem hatte ich anfangs das Gefühl, mein Kind müsste irgendwelche Ziele erreichen, die von außen vorgegeben werden. Das denke ich jetzt nicht mehr. Im Gegenteil. Ich finde sogar, dass das völliger Quatsch ist. Es ist bei weitem nicht alles wissenswert, was an deutschem Schulen gelehrt wird. Die Lehrpläne sind zum Teil steinalt.

Es gibt Kinder, die mit vier Jahren bereits das Lesen lernen möchten. Und es gibt Kinder, die mit 10 soweit sind. Das heißt aber nicht, dass diese Kinder 10 Jahre lang nichts machen. Sie beschäftigen sich lediglich mit etwas anderem. Unser Schulsystem berücksichtigt diese Tatsache leider nicht und ist viel zu eng gestrickt. Kinder MÜSSEN mit sechs Jahren anfangen, das Lesen zu lernen. Nicht früher und nicht später. Großer Fehler, denn dieser Weg führt zu Demotivation und Frust. 

Es gibt inzwischen eine große Freilerner-Szene und sie wächst stetig. Es gibt Freilerner-Events und die Community unterstützt Freilerner-Familien, die in Deutschland leben und frei lernen möchten. Es gibt Freilerner-Schulen und Freilerner-Gemeinschaften im Ausland, wo Freilerner sich treffen und wochen- oder monatelang in nachbarschaftlicher Weise Zeit miteinander verbringen. 

 

Vorweg: Ich finde es wichtig, dass Kinder zusammenkommen und organisiere das auch für meine Kids. Natürlich sind Freilerner-Kinder nicht 30 Stunden die Woche mit anderen Kindern zusammen, aber mal ehrlich: Muss das wirklich sein? Braucht ein Kind so viele Stunden ‚sozialen Kontakt‘ mit Gleichaltrigen? Zumal dieser ja oft unterbunden (‚Es wird nicht geschwätzt!‘) oder inszeniert (‚Ihr bearbeitet jetzt in Partnerarbeit Aufgabe XY‘). Ich fände es ehrlich gesagt besser, wenn diese Stunden in etwas mehr Kontakt mit Erwachsenen (auch älteren Menschen) und zu jüngeren Menschen aufgeteilt würden. Und ich meine echten Kontakt. In Form von echter Interaktion. 

Mir konnte übrigens tatsächlich noch niemand die genauen sozialen Kompetenzen nennen, die dabei so wichtig sein sollen. 

Deshalb frage ich mich das selbst ab und zu.

Kooperatives Verhalten, Kontaktfähigkeit, Einfühlungsvermögen, Kommunikationsfähigkeit oder einfacher gesagt: Können deine Kinder teilen, warten, bis sie an der Reihe sind, trösten, erklären, Konflikte alleine lösen?

Ja! - Überraschung!

Freilernen und (Früh-) Förderung

Während manche Freilerner meinen, dass Förderung ein Widerspruch zum Freilernen darstellt, sehe ich darin den Kern der Sache. Förderung im pädagogischen Sinne heißt, das Kind in der Entwicklung seiner Fähigkeiten und Interessen zu unterstützen. 

Unter der Prämisse, dass Förderung frei von Druck und auf Freiwilligkeit beruhend stattfindet, ist genau das unsere Aufgabe: Wir Eltern müssen sicherstellen, dass unsere Kinder. ihrem Entwicklungsstand entsprechend, angemessen gefördert werden.

Ich fördere meine Kinder bereits von Anfang an. In der Regel tut man das auch unbewusst, indem man sie bereits früh selbst alltägliche Dinge machen lässt, ihnen etwas erklärt oder etwas mit ihnen spielt, mit ihnen spricht... später entwickeln sich Interessen, die weniger alltäglich sind und dann geht es schnell darum,  passendes Material zu beschaffen.

Am häufigsten bestelle ich bei Montessori Lernwelten. Wir haben inzwischen eine kleine Sammlung und ich kann sagen, dass das Material sehr hochwertig, stabil  und somit auch langlebig ist. Trotzdem ist es bezahlbar und kann zudem zu einem guten Preis weiterverkauft werden, sollte es nicht mehr gebraucht werden. 

Die Einsatz-Zylinderblöcke sind bei uns ein Dauerbrenner. Sie werden seit Jahren immer wieder bespielt und bereiten den Kindern große Freude.