Erziehungssache

 
Na, das kann ja heikel werden! Haha. Wieso mache ich das hier überhaupt? Ich werde es euch sagen: Als ich Mama wurde, fühlte sich nach kurzer Zeit so ziemlich alles, von dem, was mir erziehungstechnisch empfohlen wurde, vollkommen absurd an. Ich begann zu recherchieren und mit Menschen darüber zu sprechen, die auch eher unkonventionelle Ansichten hatten. Ich bin unglaublich froh darüber, dass ich mit diesen Menschen in Austausch treten konnte. Mein Bauchgefühl fand Raum und ich lernte, dass andere Wege auch vollkommen in Ordnung sind. Die Vorstellung, dass dieser Platz auch eurem Bauchgefühl einen Raum geben könnte, macht mich sehr glücklich. 
Aus diesem Grund schreibe ich hier.

Selbstwirksamkeit 

Selbstwirksamkeit beschreibt das Vertrauen eines Kindes in die eigenen Kompetenzen und ist für mich einer der wichtigsten Bausteine in meiner Rolle als Mama. 

Der Glauben daran, Herausforderungen und schwierige Situationen erfolgreich bewältigen zu können ist etwas, das wir unseren Kindern mitgeben können. Schon allein dieses Bewusstsein, kann so viel zum Positiven verändern! 

Maßgeblich dafür ist, wieviel Vertrauen wir in unsere Kinder setzen. 

Ermutigen wir sie, die Treppe alleine zu gehen, glauben sie, dass sie es schaffen können. WIR müssen zuerst an sie glauben, damit sie an sich selbst glauben können. Dann versuchen sie es so lange, bis es ihnen gelingt und wir können sagen: „Siehst du, ich wusste, dass du das kannst!“ 

Etwas alleine bewältigen zu können heißt nicht, dass man es sofort perfekt macht. Natürlich braucht es Übung. Aber sobald eins meiner Kinder den Wunsch äußert etwas zu tun, ermutige ich es dazu. Natürlich sage ich auch: „Halte dich gut fest.“ oder „Geh nicht so nah an den Rand.“ Viel öfter aber sage ich: "Du schaffst das.", "Das kannst du alleine."oder "Du brauchst mich dafür nicht." Es ist mir unglaublich wichtig, dass sich meine Kinder als selbst wirksam erleben und deshalb schaffe ich auch immer wieder Situationen, in denen sie sich selbst als wirksam erleben können. 

Ich lasse sie Dinge selbst tun. 

Auch wenn sie sich verletzen können. Es ist mir lieber, wenn ich in der Nähe bin und ein leichtes Wehwehchen wegpusten muss, als wenn sie in meiner Abwesenheit Dinge ausprobieren. 

Wir müssen uns klar machen, dass wir aus Erfahrungen lernen. 

Wenn ich meinem Kind sage, dass es sich mit dem Messer schneiden kann, ist es vielleicht vorsichtig. Wenn es sich aber tatsächlich schneidet, passt es das nächste Mal garantiert besser auf. 

Je eher wir begreifen, dass unser Kind sich früher oder später sowieso schneiden wird, desto besser. 

Grenzen setzen. Oder nicht? 


Wenn es darum geht Grenzen zu ziehen, frage ich mich zuerst, ob sie wirklich gezogen werden müssen oder eben nicht. Ich frage mich, ob mein Kind nicht ohnehin an eine „natürliche Grenze“ stoßen würde und ob ich tatsächlich eingreifen muss. 

Zum Beispiel: Wir wollen raus. Es ist sehr kalt. Ich sage das meinem Kind, doch es möchte seine Jacke nicht anziehen. – Wie reagiere ich? 

A. „Wir gehen nicht raus, bis du deine Jacke angezogen hast!“ Dein Kind spürt das Machtgefälle zwischen euch und fühlt sich hilflos. Es muss mit der Fremdbestimmung zurechtkommen und gegen seinen Wunsch nachgeben. Es reagiert verärgert oder verzweifelt. Ihr kommt beide mit euren Nerven ans Limit. Niemand gewinnt dabei. 

B. Ich packe die Jacke in meine Tasche und wir gehen raus. Wenn mein Kind später nach der Jacke fragt, spare ich mir ein besserwisserisches „Ich hab’s dir doch gesagt“ und bin froh, dass ich mein Kind bei diesem Lernprozess begleitet habe. Mein Kind fühlt sich verstanden und respektiert. Es handelt selbstbestimmt und lernt, dass es je nach Wetterlage eine Jacke braucht. Wir gewinnen beide. 

 

In diesem Fall ist keine Grenze meinerseits notwendig. Die Temperatur setzt die Grenze. Davon abgesehen empfinden Menschen Temperaturen auch unterschiedlich. Nur weil ich eine Frostbeule bin, muss mein Kind nicht auch eine sein. 

 

Ein weiteres Beispiel: Wir sind vor Corona gerne Bouldern gegangen. Unsere Tochter war in der Kidszone schnell bis unter die Decke geklettert und wollte dann an die Kletterwände für die Erwachsenen. Wir haben es zugelassen und sie klettern lassen, so hoch sie wollte. Wir haben sie ermutigt, alleine herunterzuklettern und sie bekam es hin. Ich sage immer: „Wer alleine hochkommt, kommt wieder alleine runter.“ 

Und wenn sie nicht von selbst hochkommen, hebe ich sie auch nicht hoch.  


So einfach ist das. Natürliche Grenzen. Mir muss auch niemand sagen, dass Kinder unterschiedlich sind. Selbstverständlich sind sie das. Es muss auch nicht jedes Kind gut klettern können. Meine Kinder könnten unterschiedlicher nicht sein. Unser Sohn klettert zum Beispiel keine Wände hoch. Deshalb würde ich ihn auch nie dazu drängen. Seine Stärken liegen einfach woanders. 

 

Ein weiterer Punkt, der angesprochen werden muss, wenn es um Grenzen geht, ist folgender: Euch muss immer bewusst sein, dass ihr mit euren Vorgaben das Verlangen nicht unterbindet. Ihr verlagert es nur. Z.B. in bestimmte „Fernsehzeiten“ oder „Nascheinheiten“. Das führt dazu, dass eure Kinder ihre Bedürfnisse unterdrücken und zu diesen vorgegebenen Zeiten überzogen ausnutzen. Auch dann, wenn ihnen gerade gar nicht danach ist. Ein Kind, dass jeden Sonntag nur eine Stunde fernsehen darf, wird niemals auf diese Stunde verzichten, selbst wenn es gerade im allerschönsten Spiel ist. Es wird diese Stunde Fernsehzeit nutzen. Sowie jede andere Gelegenheit die sich ergibt, um fernzusehen. 

Ich möchte meine Kinder dabei unterstützen, zu lernen sich selbst zu regulieren. 

Dafür muss ich meine persönlichen Grenzen kennen oder sie zumindest wahrnehmen können. Manchmal muss ich auch meine eigenen Grenzen überschreiten, damit meine Kinder ihre eigenen ausschöpfen können. 

Durch ein paar „Drama“ beim Zähneputzen - Beiträge wurde ich inspiriert auch ein paar Worte zu diesem Thema loszuwerden. Denn, bei uns gibt es keine Probleme (mehr).

Ich habe natürlich kein Patentrezept für euch, aber ich kann euch sagen, wie wir mit dem Thema umgegangen sind. Vielleicht besteht ja zwischen Umgang und „keine Probleme“ ein Zusammenhang!

UND! Es gibt tatsächlich auch Kinder, die einfach gerne putzen... das heißt nicht, dass sie bessere Eltern haben.

1.      Macht euch etwas locker. Beziehung ist das Wichtigste und Zähne fallen nicht über Nacht aus. Zumal ihr vermutlich ohnehin auf die Ernährung eurer Kinder achtet.

2.      Kein gewaltsames Putzen (kein Fixieren, kein Zwangsschrubben)

3.      Schrubblieder singen. Ihr singt nur, während ihr schrubbt. (Z.B. auf das Kinderlied „Hände waschen" – Zähne putzen, Zähne putzen, muss ein jedes Kind…nun sind die Zähne sauber ja! Oh, das ist einfach wunderbar!// Oder ihr überlegt, was über den Tag gegessen wurde und singt: „Wir schrubben für das Brötchen, das Brötchen, das Brötchen, wir schrubben für das Brötchen, auf Wiederseh‘n!“ Ihr putzt quasi alles weg. Das fand ich immer super, da man viel Zeit zum Putzen bekommt.)

4.      Karieslektüre. Bei uns waren es Dickie und Hackie.

5.      Wie ein Tier machen. Z.B. Dinosaurier „AAAAHRRRG" oder was sie sonst gerade cool finden. Währenddessen putzen.

6.      Sachlich erklären, ohne Angstmache, was passiert, wenn man nicht putzt. Ich habe echte Bilder bei Google rausgesucht und gezeigt.

7.      Zahnbürsten und Zahnpasta in der Drogerie selbst aussuchen lassen.

8.      „Ich habe Angst, dass du Zahnschmerzen bekommst. Ich möchte nicht, dass du leidest/weinen musst/Schmerzen hast. Tu es für mich.“

9.      Keine Drohung: „Du musst putzen, sonst musst du zum Zahnarzt.“ Eure Kinder werden irgendwann zum Zahnarzt müssen. Sie zu verängstigen ist keine gute Idee.

10.   NICHT alles auf einmal machen. Probiert nach und nach aus, was ihnen am besten gefällt und bleibt vorerst dabei.

11.   Geduldig sein. Es lohnt sich. 

Wir nehmen die Zahnpasta von Weleda.

Meine Kinder putzen inzwischen freiwillig, ohne Widerworte. Bei uns ist dieses Thema gar keins. Ich habe das Gefühl, dass sie es für sich machen. Sie putzen auch ab und zu am Tag, ohne, dass sie es müssten. Ich denke, das ist das Ziel. Ihnen zu zeigen, dass es uns um sie geht. So, dass sie es verstehen und nicht, indem wir sie unter Druck setzen.

Lieber darauf achten, was ihr zu Essen im Haus habt, statt Druck zu machen.

Kommunikation ist der Schlüssel 

 

Schon in der Schwangerschaft verbindet Kommunikation. 

Aber spulen wir mal etwas vor: Kind 1 und Kind 2 sind jetzt 4 und 3 Jahre alt. Manchmal fragen sie mich Dinge, die ich in diesem Moment einfach nicht in kindgerechter Sprache erklären kann. Natürlich ist einfache Sprache im Kleinkindalter wichtig, aber manchmal klappt es eben nicht. 

Also erkläre ich manche Dinge ganz normal. 

So, wie ich sie jedem erklären würde. Wenn ich einen Fachbegriff verwenden muss, dann wird auch der erklärt. Und wisst ihr was? Sie hören zu, sie nehmen es an und sie verstehen auch das. Vlt nicht immer jedes Detail. Aber wenn ihr Gehirn dafür bereit ist und sie sich irgendwann wieder dafür interessieren, dann wird ihnen einfallen, was ich ihnen damals erklärt habe und sie werden es einordnen können. 

Es ist immer besser, als gar nicht auf sein Kind einzugehen. 

Wir können sagen, dass wir etwas nicht wissen, dass es verschiedene Antworten gibt oder dass etwas ein Geheimnis ist. 

Aber wir sollten ihnen niemals vermitteln, dass es da etwas gibt, dass sie ohnehin nicht verstehen würden.